Was anstellen mit einer kleinen Flucht aus dem Alltag? – Ein bisschen Träumen ist ja schon mal erlaubt! Bilder von südlichem Sonnenlicht, mildem Klima, glitzernder blauer Wasserfläche, altehrwürdigen Grandhotels, prachtvollen Villen am Ufer – eingebettet in eine üppig grüne, mediterrane Landschaft! Der Sehnsuchtsort in greifbarer Nähe – im Traum!
„Omaaaa, aufwachen!“ Ich reibe mir die Augen und blicke in die erwartungsvollen Gesichter von zwei Piraten. Deren Mama ist ganz angetan von den Einspielungen meines Traums und übernimmt das Kommando. Also Jungs! Rucksäcke suchen – Schwimmzeug, Wanderschuhe, Sandalen, die gestreiften T-Shirts, Augenklappen – ganz wichtig – und die Regenjacken! (wieso jetzt? – ich hab‘ doch von Sonnenschein geträumt -) einpacken…. „Oma, hast du die Butterbrote fertig? Ich will Salami!“ Äh, ja – in meinem Traum duftete es gerade noch nach Cappuccino und einem süffigen Aperol Spritz! Aber was soll’s! Unser Start diesseits der Alpen beginnt mit strahlendem Sonnenschein und nach wenigen Stunden sind wir bereits im dritten!!! Land unserer Tour. Die Piraten sind schwer beeindruckt! Ich auch – stehen uns doch n u r noch zwei hübsche Alpenpässe mit super-knackigen Serpentinen bevor. Mal sehen, wie das den Piraten gefällt. Hoffentlich bleibt die Salami an ihrem Platz! Buon viaggio!
„Gruezi“! die Schweiz empfängt uns mit dramatischen Wolkengebilden, die schnell zu grauen Ungetümen aufquellen und ein erstes Gewitter nieder prasseln lassen! „Siehste, Oma! Gut, dass wir die Regenjacken dabeihaben.“ Jaaa – und wo ist jetzt mein Schirm?
Die ersten, noch gemütlichen Kurven des Julier-Passes versöhnen schnell durch den Anblick saftiger Almwiesen, dicht bestickt mit strahlend gelbem Löwenzahn. Wie herrlich weich gewebte Teppiche breiten sie sich vor den noch reichlich mit Schnee bedeckten Gipfeln der Schweizer Alpen aus. Einfach wunderschön! Meiner Seele wachsen Flügel und ich ahne, wie so oft, dass die Zeit hier keine Hast und Eile kennt, sondern ihre ureigene Schönheit offenbart in der überwältigenden Stille der Bergnatur. – Nichts für Piraten! „Oma, ich hab‘ Durst – und wo ist die tolle Schokolade, die aussieht wie kleine Berge?“
Wir schrauben uns weiter durch immer enger werdende Serpentinen hinauf bis zum höchsten Punkt des Passes – 2284m!!! Wow -das macht wieder mächtig Eindruck auf die Piraten! Natürlich wollen sie aussteigen, merken aber schnell, wie kalt es hier oben ist. Der eisige Wind in der jetzt total kargen Gebirgslandschaft treibt sie fix wieder ins warme Auto. Piraten eben!
Und nur noch etwas lauwarmer Kaffee in der Thermoskanne! Na, super! Vor einen ersehnten, heißen Espresso drängelt sich erstmal das jetzt im Mai noch sehr spätwinterlich-graue und gar nicht gastfreundlich anmutende Oberengadin (mich aber trotzdem ein wehmütiges, kleines Eckchen Heimatherz daran erinnert, dass diese grandiose Landschaft zu anderen Jahreszeiten die wundervolle Leichtigkeit des Seins in der überwältigenden Bergnatur erlebbar macht) – und unser nächster Pass!
Also – packen wir’s! Am Silvaplaner- und Silser See vorbei zum Malojapass! Von oben besehen stehen uns zig enge und engste Steilkehren bevor. Nach drei, vier, fünf von ihnen wispert von hinten ein dünnes Piratenstimmchen „Oma, mir ist schlecht!“ Oh je, der erste Pirat streckt ziemlich grün um die Nase die Waffen….
Dabei wird es mit jeder Serpentine, die wir uns durchs wildromantische Bergell hin zum Val Chiavenna hinunterschlängeln, wieder milder und frühlingshafter. Und bald gibt es nicht nur grüne Nasen, sondern saftiges Grün in allen Schattierungen begleitet unsere Fahrt. Wie schön!
Wir haben es geschafft! Das Zusammentreffen von alpiner Landschaft und südlichem Flair am Comer See begeistert auf den ersten Blick.
Und erst das strahlende Leuchten im Blau des Himmels! Buon Giorno – La Bella Italia!
Hier wird die Schönheit gleich mit allen Sinnen erfassbar – ich fühle es…. Goethe wusste es – Arkadien muss gleich um die Ecke sein!
„Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
im dunklen Laub die Goldorangen glühn,
ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
kennst du es wohl?
Dahin, dahin
Möchte ich mit dir, o mein Geliebter ziehn!“
O mein Geliebter???? Was soll das denn heißen? Ich habe zwei Piraten dabei! Und die wollen Abenteuer – und zwar jetzt sofort! Können sie haben.
Am Nordufer des Sees liegt das Städtchen Domaso. Und ab hier wird es wirklich noch einmal abenteuerlich. Wer hätte es gedacht! Das kleine, pittoreske Bergdorf „Gaggio“ erobert der Reisende nur über ein sehr, sehr enges, kurviges Bergsträßchen! „Serpentina“ heißen sie hier! Dazu kübelt es wie aus Eimern – dichte, graue Regenschleier eines Wolkenbruches begrüßen uns. „Oma, die Regenjacken!“ – „Mein Schirm!“ La Bella Italia! Orribile!
Der Anstieg zu unserer „Casa per la vacanze“, einem rustikal-hübschen Granitsteinhäuschen dem „TUSCHAUS“, gestaltet sich nass und rutschig. Die steil ansteigenden, holperigen Flußkieselgassen und –treppen,(wer braucht hier chice italienische Highheels?) über die das Gepäck zum Haus geschleppt werden muss, sind eine Herausforderung für die Piraten. Jetzt können sie ihre lauthals verkündete Stärke mal unter Beweis stellen! Aber bitte „sùbito“!
Dafür ist der Empfang von Patricia, der freundlich-patenten Herrin über ihr steinernes, kleines Reich herzlich und warm. „Benvenuto“!
(Dieser Post enthält Ortsempfehlungen und damit unbezahlte und unbeauftragte Werbung.)