QUILTS??? Patchwork, Flickendecken, Gebrauchsgegenstände, Kunstobjekte???
Ja, was denn nun?
Und was treibt Millionen weiblicher (in der Überzahl jedenfalls) Wesen auf der ganzen Welt dazu, wunderschöne Stoffe ohne Not in kleine Stückchen zu zerschneiden, um sie in geduldigem Aneinanderfügen in noch schöneren Mustern und äußerst komplexen Strukturen wieder zusammenzunähen?
ALLES !
- Therapie für die Seele
- Viel zu wenig Zeit haben
- Spiel mit Formen und Farben
- Chaos zu verbreiten und mit eigenen Händen die Ordnung zu schaffen
- Zerstochene Finger und Nackenschmerzen
- Schränke voll mit Stoffen und trotzdem nicht den richtigen zu haben
- Fäden im ganzen Haus
- Mit 70 noch Englisch zu lernen
- Freilauf für die Gedanken
- Erfordert eine nachsichtige und geduldige Familie
- Kein Schottenrock
- Entwerfen und verwerfen
- Ein Vorwand auf Reisen zu gehen
- Den Haushalt vergessen
- Quilten macht süchtig
- Jagd auf Stoffe
- Grenzen abbauen und Freundschaften aufbauen
- Austausch mit anderen
- Aus Altem etwas Neues schaffen
- Eine einmalige Herzlichkeit unter Frauen
- Von anderen für verrückt erklärt zu werden
- Von anderen und mit anderen zu lernen
- Sich Kritik auszusetzen
- Neidlos zu bewundern, was eine andere geschaffen hat
- Freude am Entstehen und Werden
- Erfolgserlebnisse zu haben
- Die Freude über schlechtes Wetter – das ist nämlich Quiltwetter !
- Nie endende Fantasie und Kreativität
- Die Welt in Patchworkmustern sehen
- … man sollte wirklich noch japanisch lernen
- Sorgen, Kummer, Probleme und Schmerz, Freude und Glück mit den Händen zu verarbeiten
DAS TAGEBUCH MEINER SEELE
Noch Fragen?
Meine sehr persönliche Sicht: Ich bin davon überzeugt, dass schöpferische Tätigkeiten, die eine intensive Konzentration auf das Hier und Jetzt erfordern, einen wunderbaren „Flow“ (englisch: fließen, strömen) erzeugen, in dem ich die Zeit und die Welt um mich herum vergessen kann. Ich fühle mich glücklich, ruhend in mir selbst und brauche währenddessen keine ständigen Ablenkungen durch Reize und Nachrichten, die in unserer hektischen Zeit permanent über den Bildschirm flimmern und gerade jetzt oftmals sehr deprimierend und verstörend daher kommen. Ja, ich denke, dass diese kreativen Auszeiten zu meiner mentalen Gesundheit einen sehr entscheidenden Beitrag leisten – ähnlich wie Meditation, die neue Energie, Lebensfreude und Zuversicht verleiht.
„Give me some scissors, a pin cushion, thread and some fabric – and I’ll be happy for hours!“
Und wenn das Ergebnis dieses Schöpfungsprozesses dann eine farbenfrohe, wunderschöne, kuschelig weiche Patchworkdecke ist oder ein künstlerisch gestalteter Quilt für die Wand, der meiner Einrichtung einen besonders attraktiven Akzent verleiht – dann bin ich im Glück!
Ich bin meinem Schicksal sehr dankbar, dass es mich irgendwann auf die große „Quiltreise“ geschickt hat. Früh fing es an – mit den ersten – zugegebenermaßen – einfachen „Flickendecken“ (damals kannte ich das Wort „Quilt“ noch nicht) für meine kleinen Kinder.
Mit viel Neugier und Austausch mit anderen „Quiltkünstler/innen“, Besuchen von Ausstellungen und Messen, Workshops und Kursen wurde daraus im Laufe der Zeit ein lebensbegleitendes, inspirierendes und Horizont erweiterndes Hobby mit immer wieder neuen kreativen Impulsen und lang andauernden Freundschaften.
Wie eine glückliche Prinzessin auf der Erbse „sitze“ ich heute auf einem herrlichen Berg an wundervollen, prächtigen Quilts, von denen jeder seine eigene, oft außergewöhnliche Geschichte hat.
Spannend ist im Rückblick für mich, welche Inspiration ihm zu seiner Entstehung verholfen hat? War es ein Bild, eine Zeichnung, eine Fotografie, Eindrücke auf einer Reise? Die uralte, großartige und farbenprächtige Vielfalt marokkanischer Keramikkunst?
Vielleicht eine träumerische Vision oder der lebhafte Austausch mit der ebenso Stoff und Quilt „verrückten“ Freundin in ihrem zauberhaften, bunten Blumengarten?
Der Spaziergang im sonnendurchglühten Herbstwald oder das hinreißende Muster des Kleides der Afrikanerin, die zufällig im Stadtgewimmel vorbeischlendert?
Hat der bezaubernde Stoff einer jungen Designerin oder eines weltbekannten Designers den Zündfunken ausgelöst oder die Betrachtung einer traditionellen Patchworkdecke amerikanischer Siedlerfrauen, die heute als Kunstwerke in großen Museen ausgestellt sind?
Alles ist möglich – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und die schier unübersichtliche, riesige und immer wieder neue Fülle an traumhaften Stoffen, die meinen Ideen beglückend auf die Sprünge helfen können ist unglaublich.
Und? Habe ich nach den langen Jahren nicht inzwischen genug „Quilts“? Hat nicht jedes Kind und Enkelkind seine ganz eigene, kuschelig wärmende, mit Geduld, Augenmaß, Präzision und Leidenschaft gefertigte Patchworkdecke? Sind nicht alle Freunde zu besonderen Anlässen mit einem exquisiten Exemplar beglückt worden? Habe ich noch genug Platz an den eigenen Wänden, auf dem Sofa und dem Bett?
Ja, nein, ja…. Aber da ist meine verführerische Sammlung! Stoffe, Stoffe, Stoffe… in allen erdenklichen Farben und Mustern, immer wieder erweitert und mit begehrenswerten „Beauties“ neu bestückt. Liebevoll gehegt und gepflegt, stets aufs Neue verlockend und inspirierend.
Was habe ich doch für ein Glück mit meinen Schätzen!
Denn gerade jetzt in unserer allgegenwärtigen, belastenden, oft einsam machenden Krise sind sie für mich ein wertvoller, weicher, sinnlich haptischer Vorrat – ein farbiges, aufmunterndes Reservoir, aus dem ich schöpfen kann und das auch dunkle Stunden bunt und hell koloriert. Das aus ihnen etwas Neues, Kreatives, ein an diese ungewöhnliche Zeit erinnerndes Stoff-Pracht-Kunststück entsteht, dessen bin ich mir sicher!
Meine Welt ist dank der Anwesenheit meiner „Quilts“ farbenfroh, warm und anschmiegsam. Sie sind treue, tröstliche Begleiter, schenken mir viele freundliche Erinnerungen aus meinem Gedächtnismosaik und setzen heitere Akzente im tristen Lockdown-Alltag. Sie erfüllen mich mit Stolz und Freude und immer noch mit Begeisterung. Ich möchte nicht einen einzigen missen.
Ihr Lieben, schaut „euren“ Quilt noch einmal ganz genau an, genießt das unbeschreibliche Gefühl kuscheliger Wärme und schickt mir aus eurem behaglichen Nest ein paar eurer Gedanken, Träume und Ideen. Ich freue mich darauf… und wenn ihr gaaaaanz lieb seid, bekommt ihr vielleicht noch einen „weichen Quilt für harte Zeiten!“
Eure „crazy“ = (übrigens eines der ältesten Quiltmuster…) Evelyn