Alle Tassen im Schrank

Kleine Leidenschaft für weißes Gold

Unter die Goldschürfer gegangen bin ich nicht und wirklich systematisch gesammelt habe ich sie auch nicht, meine weißen „Nuggets“… Aber ich liebe es, mit meinen alten Schätzchen zusammenzuleben, hege und pflege sie und hoffe, die nächste Generation wird ihnen auch noch ein wenig Zuneigung und Wertschätzung angedeihen lassen und sich ihrer Schönheit erfreuen.

 

 

Die Rede ist von feinen, teilweise wertvollen und kostbaren, aber zerbrechlichen Schmuckstückchen aus zartem Porzellan mit einem Hauch von Patina. Einige vererbt oder als schönes Geschenk erhalten, andere amüsant, verschmitzt und so gar nicht ehrwürdig und antik – hübsch, verspielt und ein Lächeln ins Gesicht zaubernd.

 

 

Von der Noblesse klassizistischer Formgebung beim großen Tafelgeschirr, der dezent zurückhaltenden Anmutung eines feinen Biedermeier Tässchens, dekorativ-lasziven Jugendstilmustern oder raffinierter Art déco Gestaltung bis zu den elegant kapriziösen Kaffeetassen mit zierlichen Wespentaillen aus dem Mid-Century des letzten Jahrhunderts, lässt sich in Stil, Form und Farbgebung – wie in der zeitgenössischen Mode – die Ästhetik – die Vorstellung von Schönheit und Harmonie – der jeweiligen Epoche erkennen.

 

 

Ach so, dem herrschenden Zeitgeist entsprechen derlei Wahrnehmungen nicht mehr? Lieber mit dem Kaffee to go im Plastikbecher die Umwelt vermüllen?

Nein, dann tauche ich mit Begeisterung hin und wieder mal gerne in die Zeitgeschichte ab und erfreue mich daran, mit welcher Präzision und Hingabe an die Schönheit und den Zeitgeschmack das weiße Gold seit seiner Entdeckung in wundervolle Pretiosen verwandelt worden ist.

Denn ein kleiner Exkurs in die Geschichte verrät uns viel über den spannenden und abenteuerlichen Weg, den das „weiße Gold“ seit einer Entdeckung im fernen China in der Mitte des 7. Jahrhunderts bis zu dem wohlgeformten Tässchen, das ich heute in der Hand halte, genommen hat.

 

 

Und erst knapp tausend ! Jahre später, so um das Jahr 1708, gelang in Europa, genauer gesagt in Dresden, seine Herstellung. Ein großer Name wurde damit geboren – die Porzellanmanufaktur Meissen. Bis heute sind die gekreuzten Schwerter das weltbekannte Markenzeichen dieses wertvollen und sammelwürdigen Porzellans. In Windeseile verbreitete sich das sorgfältig gehütete Geheimnis der Porzellanherstellung in ganz Europa. Werkstätten und Manufakturen schossen wie Pilze aus dem Boden, begierig gefördert durch Könige, Kaiser und große Fürsten, die ihre Tafeln mit den prunkvollen, neuen Erzeugnissen herrschaftlich strahlend schmückten.

 

 

Der Glanz großartiger Manufakturen, wie Nymphenburg, KPM – die Königliche Porzellanmanufaktur Friedrich des Großen in Berlin, und klingender Namen, wie Fürstenberg, Rosenthal, Villeroy von Boch, Augarten in Österreich, Royal Copenhagen in Dänemark, Wedgwood in England oder Limoges in Frankreich ist bis heute nicht verblasst. Im Gegenteil, viele haben ihre Tradition und Werte bis in die Gegenwart mit viel Innovation und neuem Esprit führen können. So ist zum Beispiel das Muscheldekor von Royal Copenhagen genial modernisiert worden und das neue „Mega Musselmalet“ passt ganz hervorragend zu den „alten“ Tellern und Schüsseln und verleiht dem wunderschönen, zeitlosen blau-weißen Geschirr einen prickelnden, modernen Twist.

 

Für frische und spritzige Ideen holen sich die heute noch existierenden großen Manufakturen Künstler und Designer ins Boot, die vertrauten Formen ihre ganz eigene, unverwechselbare Handschrift verleihen und deren Exponate einen beträchtlichen Wert haben.

 

 

Damit haben die vornehmen Tafelschätze nichts Verstaubtes mehr, sondern präsentieren ihren attraktiven, zeitgenössischen Charme topaktuell inmitten moderner Szenerie oder versprühen elegantes Flair zu besonderen Anlässen, wie Hochzeitstafeln, Taufen oder traditionellen Familienfesten.

 

 

Im Kreise der Lieben lassen sich dann amüsiert und augenzwinkernd Erinnerungen und Geschichten auffrischen… Weißt du noch, wie klein Kathrinchen mit eineinhalb Jahren aus diesem hübschen Tässchen ihren Kakao trinken durfte? Oder als Oma Hilde beim 70. Geburtstag von Opa mit der edlen, zwiebelgemusterten Kaffeekanne über die letzte Terrassenstufe stolperte?

 

 

Ich bin fest davon überzeugt, dass es sich lohnt, liebgewordene Traditionen und geschätzte Werte weiterzugeben – gerne garniert mit pfiffigen, frischen Akzenten – und werde mich hoffentlich noch oft daran erfreuen, kleine, entzückende Fundstücke – auch ohne berühmte Markenzeichen – auf Antik- und Flohmärkten zu erstehen oder aus dem großen Netz zu fischen. Vielleicht finde ich ja noch ein paar wertvolle oder unwiderstehlich schöne „Nuggets“, die ich meiner Enkelin zur Hochzeit schenken kann.

 

 

Und wenn bis dahin mal ein kostspieliges Teilchen kaputt geht? It doesn’t matter, my dear! Du weisst doch, Scherben bringen Glück…

 

 

Also, ein Hoch auf die Tässchen und ein hübsches Scherbenhäufchen für alle. Den begeisterten Fans wünsche ich viel Glück beim Sammeln, Finden und Erfreuen an großen und kleinen zauberhaften Schätzchen aus weissem Gold,

 

 

eure Evelyn

 

 

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