Altweibersommer im Münsterland – der Geschichte erster Teil

 

„Et giff män een Mönster“!  Dieser spröde, aber eindeutige Satz der westfälischen Dichterin Annette von Droste-Hülshoff lockt mich immer wieder auf die Spuren einer unbewussten Sehnsucht – hier ein Stück Heimat von gestern zu finden. Und das gelingt bei meinen regelmäßigen Besuchen in dieser traditionsreichen, leicht eigenwilligen, in die weitläufige Parklandschaft des Münsterlandes eingebettete Stadt stets aufs Beste!

 

 

Es ist eine Art von ruhiger Geborgenheit, die mich umfängt in dieser stilvollen und dennoch aufgelockerten Stadt, die Vergangenheit und Moderne so vortrefflich miteinander verbindet. Münsters Palette ist von jener vitalen, farbigen Fülle und Vielfalt geprägt, deren künstlerischer Bogen sich von Johann Conrad Schlaun, dem bedeutensten Architekten des deutschen Barock und seinen das Stadtbild prägenden, herrlichen Bauwerken bis zu den Skulpturen der Moderne spannt.

 

 

Museen, Theater, Galerien, Bibliotheken, Ausstellungen, Sammlungen und Archive sind selbstverständlich glänzende Lichter der kulturellen und künstlerischen Kreativität der westfälischen Metropole. „Dä!“ – Der Mensch lebt eben nicht nur vom Brot allein.

Das muss er in Münster und dem Münsterland auch nicht, für das leibliche Wohl ist trefflich gesorgt. Die Vielzahl der urigen „Pinten“, gemütlichen Gartenwirtschaften und feinen Restaurants erlaubt es, für jeden Tag des Jahres eine andere Art der unverwechselbaren münsterschen Gastlichkeit kennenzulernen.

 

 

Für heute verlasse ich das historische Gemäuer, die Giebel und Gassen der „guten Stube“ Münsters, den Prinzipalmarkt. In der Hitze dieses Sommers zieht es mich unwiderstehlich hinaus ins „Pättkesland“, in die Weiden und Felder vor den Toren der Stadt, mit dem Blick in die Weite und Fülle der Landschaft.

 


 

Zum Durchatmen und Ausruhen, zum idyllischen Verweilen in münsterländischen Kotten und Kaffeewirtschaften, Oasen gemütlicher Geruhsamkeit und Geselligkeit. „Hier kann’m sick biätter verwielen äs beielen.“

 

 

Die Sonne will in diesem Sommer auch im Münsterland keine Atempause einlegen. Zeit für ein wohlverdientes „Päusken“ im nächsten Bauerncafé. Im kühlenden Schatten einer dicht belaubten Kastanie fällt mein Blick auf das unverwechselbare Bild münsterländischer Entpannung: Apfelkuchen, Bauernstuten, Altbier und „Regina!“ –  „Prösterken!“

 

 

Die geruhsame Losgelöstheit des Sommertages lässt den dunstigen Zauber, der über dem Land liegt, in die schlicht-schöne Erkenntnis des Schriftstellers Marcel Proust einfließen: „Die besten Entdeckungsreisen macht man nicht in fremde Länder, sondern indem man die Welt mit neuen Augen betrachtet.“

Stille, sonnendurchglühte Augusttage im Münsterland zeichnen in gelassener Würde ein warmes, spätsommerliches Bild in die Landschaft. Vor meinen Augen erstrecken sich die strohgelben Stoppelfelder aufgrund der frühen Ernte bereits übersichtlich bis zum diesigen Horizont. Nur im trockenen, blassgoldenen Mais flüstert noch leise der Sommerwind.

 

 

Aber in den alten Obstgärten ist jetzt alles auf einmal reif: dunkelviolette Pflaumen, sonnengelbe Birnen, rotbackige Äpfel – es glüht und leuchtet um die Wette. Eine wahre Augenweide! Dieser Sommer hat die knorrigen Obstbäume satt und reich ausgestattet. Manierlich gepflegte Bauerngärten prunken mit strahlender Farbigkeit – lackrote Dahlien, neben sonnenscheingelben Ringelblumen und Zinnien in Magenta, Goldocker und Zinnober unter staubgrünen Holunderbüschen mit schwarzglänzenden Beeren. Bohnen, Gurken, Zucchini, Möhren und Kartoffeln versprechen üppige Ernte für deftig-knackige Gemüsetöpfe.

 

 

Schwarzbunte Kühe, braune Pferde, ziegelrote Fachwerkhöfe, gelbweisser Sandstein, das melancholische Grau alter Wasserschlösser, tintenblaue Tümpel – die  spätsommerliche Farbfülle des Münsterlandes verliert sich allmählich im blassen Lichtblau der Dämmerung. Während der abendliche Dunst in die Nacht übergeht, regnet es Sternschnuppen am Augusthimmel, der Kometenschauer der „Perseiden“ – und ich wünsche mir, dieses wunderbar beschauliche „Pättkesland“ noch oft besuchen zu können. Denn mit neuen Augen betrachtet ist es immer eine Entdeckungsreise wert!

 

 

Zum Abschied sag ich dann mal im schönsten münsterländischen Plattdeutsch:

„Guet gaohn – un büs naichste Dage!“, eure Evelyn

 

(Im zweiten Teil meiner „Pättkestour“ werde ich über meine „alten und uralten, aber sehr lustigen Weiber“ aus dem Münsterland ein paar „Döhnkes vertellen“, deren herzliche Gastfreundschaft loben und über ihre leckeren Originalrezepte mit euch „klönen“.)

 

PS.: Münster und das Münsterland werden auf meinem Blog noch oft in abwechslungsreicher Vielfalt auftauchen. Ob kulturell oder sportlich, traditionell oder modern, städtisch oder ländlich, tief in der Geschichte oder ganz im Heute, ob zu Fuß, per Pferd und vor allen Dingen mit der „Leeze“ zu entdecken  –  Münster ist und bleibt ein Idyll und Kleinod. Und bekanntlich leuchten die heimatlichen Sterne aus der Ferne betrachtet ja besonders hell!

 

 

 

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