„In der Hitze des Sommers in Häusern aufgehängt, temperiert er die Luft wunderbar und macht den Raum kühl und frisch, zum Entzücken und Behagen derjenigen, die sich darin aufhalten.“
– The Herball, John Gerard, 1597 –
Es ist Mittsommer und heute habe ich ein lavendelblaues Rendezvous mit diesem wohlduftenden Abgesandten des Südens, der heißen Sonne und des flirrenden Lichtes der Provence. Auch die sympathischen, gartenvernarrten englischen Zeitgenossen haben dem hübschen Sonnenkind aus dem Süden schon in früher Zeit im milden Klima englischer Gärten einen willkommenen Empfang bereitet. Dass der Lavendel bei uns Nordländern heimisch wurde, verdanken wir den Römern, die ihn vielleicht in nervenberuhigenden Lavendelsäckchen oder zur erfrischenden Reinigung nach heißen Eroberungsschlachten mitführten.
Queen Victoria, die ewig regierende englische Königin wusste es ihnen zu danken. Sie liebte den Lavendel so sehr, dass während ihrer Regentschaft nicht nur ihre Gemächer von seinem erfrischenden, würzigen Duft erfüllt waren, sondern bald auch eine Wolke von Lavendelduft durch das gesamte britische Königreich wehte!
Die Hofdamen verzauberte er mit seinem geheimnisvollen Blau – dem sprichwörtlichen Lavendelblau – und mit vielen changierenden Tönen von hellblau bis violett. Bei der Vielzahl von Sorten des Lavendels spielt auch eine hübsche rosa und weiße Variante im duftenden Orchester heiter mit. Da lag es nur nahe, dass die blaublütigen Ladies bald entdeckten, dass derart entzückende Farben ihren zarten englischen Teint aufs Beste zur Geltung bringen würden. Lavendelblau – wie geschaffen für die üppig rüschenbesetzten Krinolinen des Hofstaates!
Doch jetzt rasch zurück zum „Entzücken“ und „Behagen“!
Lavendel ist ein Zauberkraut für alle Sinne. Und das bereits seit Menschengedenken. Wie gesagt, die sinnenfrohen Römer nutzten seine beachtliche, gleichermaßen beruhigende und anregende Wirkung auf Geist und Körper sogar fern der Heimat. In den Kloster- und Bauerngärten unserer kühleren Regionen wurde der aromatische Geselle ein unverzichtbarer und treuer Bestandteil der Kräuterapotheken.
Und heute? Jeder heiße Sommertag beschwört die unvergesslichen, herrlichen Bilder der amethystfarbenen Lavendelfelder Südfrankreichs herauf. Im eigenen Garten verführt er mit seinem spezifischen balsamischen Duft dazu, eine Ähre abzustreifen und die köstlichen, frischen Aromen seines ätherischen Öles einzuatmen. Wie schön, dass er bei uns so ausdauernd heimisch geworden ist.
Denn auf ein wohltuendes Entspannungsbad mit einigen Tropfen Lavendelöl möchte die geplagte Gärtnerin nicht verzichten. Und die Lavendelsäckchen* oder – sträusschen im Wäscheschrank liebt sie über alles.
Und erst das Sommerparfüm! Die Duftwolke mit den typischen, frischen Nuancen versetzt augenblicklich in Urlaubsstimmung und mitten hinein ins violette, sehnsuchtsblaue Blütenmeer.
Das Fluidum eines Parfüms aus Lavendel, Citrusöl und Bergamotte begleitete bereits galant die Leidenschaft Napoleons und seiner liebreizenden Joséphine. Wie amüsant und erfrischend, sich in bester kaiserlicher Gesellschaft zu fühlen!
Aus dem Füllhorn der unsere Sinne betörenden Gaben hat der Lavendel als echtes Sonnenkind des Mittelmeerraumes auch für unseren Geschmackssinn noch einiges zu bieten.
So wissen die süßen Erdbeeren um ihre Verführungskraft, wenn sie sich in der Marmelade mit einigen Lavendelblüten vereinigen und der Apfelgelee möchte ihnen nicht nachstehen und wird durch sie zum aromatischen Geschmackserlebnis. Sehr duftig gibt sich auch der Lavendelzucker beim Verfeinern von kleinen süßen Sünden und leckeren Kuchen.
Ein hochsommerliches, leicht nostalgisches Gericht von einfachem Gemüt ist heute genau das Richtige für die Sommersonnwend-Mittagshitze:
Milchreis mit Lavendelblüten
ca. 200 g Rundkornreis oder Milchreis, 1 l Milch, das Mark einer Vanilleschote, etwa 80 g Lavendelzucker und einen Teelöffel getrockneter oder frischer Lavendelblüten.
Reis mit Milch, Vanillemark und Zucker mischen und bei mittlerer Hitze aufkochen. Ungefähr 45 Minuten leicht köcheln lassen, dann den Topf von der Herdplatte nehmen und noch ca. 15 Minuten warten, bis die Masse weich, nicht zu fest, schön sämig ist. Anschließend sofort die Lavendelblüten untermischen und im Kühlschrank abkühlen lassen.
Zum hübschen Anblick den Milchreis mit Lavendelblüten garnieren.Bon appétit!
Am Nachmittag nach versonnener Siesta im Schatten träumender Bäume werde ich für meine kleinen und großen Süßen noch ein paar Lavendelkekse backen, um die Erinnerung an diesen unvergleichlichen Duft der nächsten Generation mit auf den Weg zu geben.
Lavendelkekse
150 g Butter, 120 g Zucker, 170 g Mehl, 1 Ei, 1 Tl Backpulver, 1 Esslöffel Lavendelblüten
Butter und Zucker cremig rühren, dann das Ei ebenfalls. Mehl sieben und zusammen mit dem Backpulver unterrühren. Lavendelblüten dazu mischen. Einige Blüten zum Dekorieren aufbewahren. Ein Backblech mit Backpapier auslegen und teelöffelweise den Teig darauf setzen.
Bei 180 Grad Ober-Unterhitze ca. 15-20 Minuten goldgelb backen.
Nach dem Abkühlen mit Puderzucker bestäuben und einige Lavendelblüten darüber streuen.
Blaue Schatten huschen durch den Duftgarten und am Firmament geht ein zartblauer Lavendelmond auf. In der kurzen Mittsommernacht kündigt sich die erste Traumstunde an und ich schaukele mein kleinstes Enkelkind mit einem alten englischen Wiegenlied in den Schlaf:
„Lavender Blue Dilly, Dilly,
Lavender Green,
When I Am A King, Dilly, Dilly,
You’ll Be My Queen.“
Für den nächtlichen Weg über die Traumpfade hänge ich ihm noch ein fein duftendes Lavendelherzchen ans Bettchen.
Eine lavendelblaue gute Nacht mit duftenden Träumen wünscht euch
eure Evelyn
Kleines PS. für alle Rosenliebhaber-/innen:
Den Königinnen des Gartens, unseren wundervollen Rosen, liegt der ritterliche Lavendel sehr gerne zu Füßen. Sie ergänzen sich in ihrer hinreißenden Kombination nicht nur in Duft und Farbe, sondern der heldenhafte, tapfere Freund beschützt die Schönen vor dem gefräßigen Heer der Blattläuse, damit sie den ganzen Sommer in voller Pracht Hof halten können.
Wer Lust und Zeit hat, kann den lavendel- und gartenverliebten Engländerinnen noch eine liebenswürdige Reminiszenz erweisen und ein paar butterweiche Lavendel-Scones backen. Ein paar sommerliche Beeren für eine feine Marmelade, um den leckeren Scones eine noch verführerische Note zu verleihen, haben sie gewiss in ihren Gärten. Die zart duftenden Scones bereichern aromatisch-köstlich die englische Tea Time „in the summer-afternoon in the garden“.
Lavendel Scones
225 g Mehl, 2 Tl Backpulver, 50 g Butter, 50 g Zucker, 2 Tl frische Lavendelblüten, ca. 150 ml Buttermilch, frische Sommerbeeren, Creme double
Mehl und Backpulver sieben, Butter einarbeiten, Zucker und Lavendelblüten hinzugeben. Soviel Buttermilch einkneten, dass ein weicher Teig entsteht. Auf der bemehlten Arbeitsfläche zu einer Kugel formen.
Den Teig flachklopfen zu einer Dicke von ca. 2,5 cm. Mit einem runden Ausstecher oder Trinkglas ca. 12 Kreise ausstechen und auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech setzen. Mit der restlichen Buttermilch bestreichen und bei 220 Grad Ober-Unterhitze 10-12 Minuten goldbraun backen.
Noch warm mit den abgezweigten Lavendelblüten dekorieren und mit Beeren und Creme double servieren.
An diesem herrlichen Sommernachmittag bleiben hoffentlich keine Wünsche offen!
*Lavendelsäckchen selber nähen
Um sich den erfrischenden Duft des Lavendels in den eigenen Wäscheschrank zu zaubern oder mit einem feinen, duftigen Mitbringsel auf der nächsten Gartenparty zu glänzen, bietet Poesie & Patina harmonisch zusammengestellte Stoffpäckchen an, aus deren Inhalt man ca. 15 Lavendelsäckchen nähen kann. Das Stoffpaket besteht aus 15 alten Leinen- und Baumwollstoffen, mit den Maßen 20 x 35 cm und kann bei mir erworben werden für 25 Euro (plus 2,20 Euro Verpackung und Versand).
Bei Interesse einfach eine E-Mail an mich senden und per Vorauskasse wird das hübsche Päckchen umgehend verschickt. Das individuell zusammengestellte Set gibt es wahlweise entweder im rot/weißen oder blau/weißen harmonischen Mix. Alle Fotos sind beispielhaft, die verschiedenen Stoffe können abweichen. (Der Lavendel ist im Lieferumfang nicht enthalten)
E-Mail an: hallo@poesieundpatina.de