Eine Küste zum Geburtstag – Costiera Amalfitana

 

 

 

 

 

Was habt ihr euch da nur ausgedacht?

 

 

 

Die bisherigen Tage sind ja kaum mehr zu überbieten. Aber die angeblich schönste Küste der Welt wolltet ihr mir offensichtlich als Krönung meiner Geburtstagsüberraschungen spendieren. Also los!

 

 

 

 

 

 

Und tatsächlich, die ungefähr vierzig Kilometer lange, höchst kurvenreiche Straße an der Amalfiküste entlang gibt nach jeder Biegung atemberaubende Blicke auf das Thyrrhenische Meer und wie zu einem letzten Gruß, manchmal auch auf Capri frei.

 

 

 

 

 

 

An dieser sonnenverwöhnten Steilküste mit hoch aufragenden Felsklippen liegen die malerischen Orte Positano, Amalfi, Ravello und Cetera. Orte, deren Namen für Urlauber aus der ganzen Welt wie süße, sonnige und farbenprächtige Sinfonien klingen.

 

 

 

 

 

 

Ja… aus der ganzen Welt! Und da sind wir auch schon auf der Schattenseite dieses Paradieses, von dem es heißt, dass Gott sich mit der Amalfiküste ganz besonders viel Mühe gegeben haben soll und daher die Amalfitaner lakonisch meinen, wenn ihnen beim Jüngsten Gericht eröffnet werden sollte, dass sie ins Paradies kommen: Das sei ein Tag wie jeder andere!

 

 

 

 

 

 

Wir aber, die wir nur eine kurze Weile hier sind, möchten natürlich auch gerne einige paradiesische Eindrücke mitnehmen, aber das wird uns nicht gerade leicht gemacht! Tapfer quälen wir uns Kurve für Kurve auf der schmalen Küstenstraße im dichten Verkehr von Ort zu Örtchen. Klar, wo es so schön ist, ist man nie allein!

 

 

 

 

 

 

Aber was soll das Nörgeln – dieses Fleckchen Erde, diese einzigartige Kulturlandschaft, dass die UNESCO 1997 in die Liste des Weltkulturerbes aufnahm, ist einfach traumhaft schön. Ich jedenfalls atme die mir dargebotenen Eindrücke ein wie besonders prickelnden, champagnerhaltigen Sauerstoff.

 

 

 

 

 

 

Denn dies ist nicht nur „das Land wo die Zitronen blühn, im dunklen Laub die Goldorangen glühn. Ein sanfter Wind vom lauen Himmel weht. Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht…“, wie es unser schöngeistiger Dichterfürst Goethe vor langer Zeit schon treffend beschrieben hat, hier blüht und fruchtet es wie im Garten Eden. Es ist geradezu ein überwältigender Farbenrausch, der sich den Augen bietet.

 

 

 

 

 

 

Auf den sorgfältig seit dem Mittelalter angelegten Terrassen hoch über dem Meer gedeihen in bester sonniger Lage die herrlich aromatischen Amalfi-Zitronen und jedes kleinste Fleckchen am steilen Hang wird genutzt, um hier üppiges Gemüse anzubauen, sowie prachtvolle mediterrane Blumen und Pflanzen in allen Farben des Spektrums, die sich über die Terrassen ergießen. Und die Weine der Costa d’Amalfi sind die besten Begleiter der „Cucina amalfitana“, die hier mehr als Pizza und Spaghetti zu bieten hat. In dieser fruchtbaren Region bleiben kulinarisch keine Wünsche offen. Allein der Büffelmozarella, der hier produziert wird, ist eine Offenbarung und hat rein gar nichts mit den weißen Kugeln im Plastikpäckchen unseres Supermarktes zu tun.

 

 

 

 

 

 

„Wirklich traumgleich, unwirklich schön und verlockend“, so beschrieb der amerikanische Schriftsteller John Steinbeck das in den Fels gebaute Fischerdort Positano. Auch ihn müssen an dieser Küste die besonderen Reize dieser Landschaft, das Licht, die Farben, das Essen und der Wein bereits in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts sehr beeindruckt haben.

 

 

 

 

 

 

Ich kann ihm nur zustimmen, schmiegen sich die pastellfarbenen, malerischen Häuser des Örtchens doch auf höchst bizarre Weise an den Steilhang, vor dem die Bucht mit ihrem blau-grün irisierenden Wasser schimmert. Zusammen mit der wunderschönen, bunten Mosaikkuppel der Kathedrale Maria Assunta ist dies der Anblick, der auf Postkarten und Urlaubsfotos millionenfach festgehalten ist und Reisende seit Generationen begeistert. Aber auch die eigenen Augen lassen keinen Zweifel an diesem Traumbild und Steinbeck meinte weiter: „Wenn man etwas so Wundervolles entdeckt, möchte man es vor allen anderen geheim halten.“

 

 

 

 

 

 

Dann hätte John Steinbeck wohl besser geschwiegen, denn seit dieser Zeit ist der romantische Küstenstreifen nicht nur für Künstler und Filmstars aus Hollywood zum erklärten Sehnsuchtsort der „Alten Welt“ geworden. Heerscharen von vor allem deutschen, britischen und amerikanischen Touristen haben sich seit damals über die Strada Statale 163, der Amalfitana, gewunden.

 

 

 

 

 

 

Wir entschließen uns, diesem Gedränge ein wenig zu entfliehen – lassen Amalfi daher zunächst einmal „links liegen“, da Parkplätze absolute Mangelware sind und begeben uns auf eine etwas entspannende Entdeckungstour ins Landesinnere. Und da kann man in diesem Landstrich noch überraschend angenehme, ruhige, romantische Orte entdecken.

 

 

 

 

 

 

Wenn man auf engen Kurven durch das Dragone-Tal fährt und den Lärm und die Staus der Küstenstraße hinter sich lässt, kommt man nach Ravello. Der Ort liegt in luftiger Höhe auf einem Plateau und bietet wunderschöne Ausblicke auf die herrliche Küste und das Meer.

 

 

 

 

 

 

Ein bekannter Deutscher hat diesen zauberhaften Ort allerdings schon lange vor unserer Zeit entdeckt. Richard Wagner hat hier Inspiration gesucht und gefunden. Im reizvoll angelegten Garten der „Villa Rufolo“, dem einstigen Wohnsitz einer mächtigen und sagenhaft reichen Familie aus dem 13. Jahrhundert, wurde er für die Eingebung zu seiner Oper „Parsifal“ von den Musen geküsst. Der Ausblick von hier auf den Golf von Salerno ist magisch!

 

 

 

 

 

 

Wir bummeln noch eine Zeit lang durch die verwinkelten Gässchen des Ortes, bewundern auch hier die Vielfalt der fantasievoll gestalteten, farbenfrohen Keramiken und gönnen uns endlich eine wohlverdiente Siesta auf der hübschen Piazza.

 

 

 

 

 

 

Gestärkt und erfrischt schlängeln wir uns wieder durch die Kurven bis nach Amalfi hinunter und wagen am späten Nachmittag noch einen kurzen Besuch im Städtchen…

Leider ist es ernüchternd zu sehen, wie 60, 70 Jahre Tourismus so manches Kleinod totgetrampelt haben. So – und das ist mein Eindruck – auch hier. Überall der gleiche Kitsch und billige Touristensouvenirs, mit denen die sehnsuchtsvoll Hergereisten angelockt werden sollen. Obschon das touristische Zentrum der gleichnamigen Küste immer noch einiges von seinem einstigen Charme bewahrt hat, macht es doch einen höchst ermüdeten Eindruck und ist schon längst kein Highlight mehr.

 

 

 

 

 

 

Da wir auch zu den Italien-Sehnsüchtigen gehören und mit an dieser Situation beteiligt sind, verlassen wir doch etwas verstört und bedrückt dieses bei Amerikanern immer noch beliebte Massenreiseziel „Ämälfei“.

 

 

 

 

Auf der Rückfahrt zu unserem ruhig gelegenen Feriendomizil gibt uns die Traumlandschaft noch einige versöhnliche Ausblicke auf die im spiegelnden Meer versinkende Sonne frei und am liebsten würde ich jetzt Luciano Pavarotti schmettern hören „Che bella cosa una giornata di sole…“ Da ich die passende CD leider nicht im Reisegepäck habe, bleibt mir nichts anderes übrig, als das schöne Lied „O sole mio“ selbst anzustimmen!

 

 

 

 

„Maaaaama, die Kurven…ich muss mich konzentrieren…“

 

 

Ist ja schon guuuut… Ich freue mich auf den letzten Abend mit euch, für den ihr ein auf den ersten Blick bescheidenes, kleines Örtchen ausgesucht habt. „Termini-Massa Lubrense“ – auf dem schönsten Teil der Sorrentiner Halbinsel gelegen. Fürs malerische Finale bietet sich uns von hier ein letzter grandioser, traumverlorener Blick auf Capri.

 

 

 

 

 

 

Mit charmanter Grandezza entführt ihr mich in die kleine „Trattoria Eughenes“, in der uns völlig unaufgesetzte, typisch italienische Atmosphäre erwartet. Unkonventionell und bescheiden die Einrichtung auf der offenen Terrasse, aber bodenständig köstlich die klassische italienische Speisenfolge. Lässig, zuvorkommend und schnell landen die „Antipasti“, die leichten, aromatischen Gaumenkitzler auf unseren Tellern. Nach dem nächsten Gang, dem „Primo piatto“, mit sehr, sehr leckerer, traditionell handgemachter Pasta fällt es mir fast schon schwer, noch über das „Secondo piatto“ nachzudenken, das ja meistens aus einem Fleisch- oder Fischgericht besteht, habe ich doch am Eingang mit einem Auge die unwiderstehlichen „Dolci“ erspäht….

 

 

 

 

 

 

Als da wären Signora… „Delizia al Limone, Tiramisu e Torta de la Nonna“ mit einem sanft schmeichelnden, cremigen Innenleben aus Cioccolata e Crema di nocciola! Ich vermute, da sind schon standhaftere Gemüter als ich dahingeschmolzen. Deshalb ist es natürlich unabdingbar, dass jeder von uns ein anderes Dessert auswählt, denn nur so gelingt es, uns durch diese himmlisch verführerische „offerta dolce gusto“ zu schlemmen. Und spätestens beim Tiramisu werden die letzten Gedanken an die „Bella figura“ im Meer versenkt! Dieses „Zieh-mich-hoch“ (ital.: ti-ra-mi-su) ist mit rein gar nichts zu vergleichen, was mir in der Vergangenheit unter diesem Namen geboten wurde! „DELIZIOSO“!!!!

 

 

 

 

 

 

Beim Digestiv, einem rasanten Grappa aus der Region, kann ich schon nicht mehr ganz viel entscheiden, denn der starke, rabenschwarze Espresso hat mich fast außer Gefecht gesetzt…

 

 

 

 

 

 

„Una festa italiana“ – traumhaft schön war es meine Lieben, was ihr mir zu meinem Geburtstag geboten habt. Ich werde es nie vergessen und danke euch mit „mille baci“!

 

„Arriverderci“ bis zu den nächsten gemeinsamen Genießerstunden! In amore tua mama!“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieser wundervolle Ausspruch könnte unter jeder unserer italienischen Essensrunden stehen, denn fast allabendlich hat mein jüngster Sohn sich als unser persönlicher Leibkoch ins Zeug gelegt und uns mit den delikatesten Kompositionen seiner Kochkunst verwöhnt. Selbst die italienischen Glühwürmchen vergaßen angesichts des köstlichen Duftes und verlockenden Anblicks der gezauberten Leckereien ihr sommerliches „Dolce Vita“ und illuminierten aufs Schönste unsere lauen mediterranen Abende.

Grazie tanto lieber Moritz für dein großzügiges und gekonntes Engagement!

 

 

 

 

 

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